Die Wissenschaftlerinnen von Lignopure haben eine einzigartige Technologie entwickelt, um Reststoffe aus der Zellstoff- und Bioethanolindustrie aufzubereiten und hiermit schädliche Inhaltsstoffe in unseren täglichen Produkten zu ersetzen. Das Startup wurde an der Technischen Universität Hamburg (TUHH) gegründet, arbeitet mit dem Institut für Thermische Verfahrenstechnik zusammen und wird vom Startup Port unterstützt. Wienke Reynolds – Mitgründerin und CTO von Lignopure berichtet über die Herausforderungen und Vorteile einer eigenen Produktionsanlage.
Die beiden TUHH-Doktorandinnen Joana Gil und Wienke Reynolds haben im Rahmen ihrer Forschung zu 100 Prozent biobasierte Inhaltsstoffe aus Lignin hergestellt, die beispielsweise in der Kosmetik, aber auch im 3D-Druck oder auch als Ausgangsmaterial für Dämmstoffe eingesetzt werden können. Der Fokus ihres Startups Lignopure liegt dabei maßgeblich auf Life Science Anwendungen: Erstes kommerzielles Produkt ist der natürliche, multifunktionale kosmetische Inhaltsstoff LignoBase, welcher in der firmeneigenen kommerziellen Demo-Anlage produziert wird.
Die patentierte Kerntechnologie wurde zunächst an der TUHH entwickelt, später offiziell durch Lignopure übernommen, weiter ausgearbeitet und skaliert. Seit Oktober 2018 erhält das Startup Gründungsberatung und hat dadurch beispielsweise Förderungen wie etwa das InnoRampUp-Programm der Hamburgischen Investitions- und Förderbank erhalten. Zudem wurde das Startup bereits mehrfach ausgezeichnet und konnte schon mehrere Vertriebspartnerschaften vermelden.
„Als Lignopure im Jahr 2019 offiziell gegründet wurde, waren wir noch dabei, verschiedene hochwertige Anwendungen und damit verbundene Geschäftsmodelle zu validieren. Doch schon bald wurde klar, dass der Weg in die Life Sciences führen muss. Unser Ziel war es, verschiedene Marktsektoren wie die Kosmetik-, Food- und Pharma-Industrie zu erschließen. Als wir unsere Seed-Finanzierungsrunde Ende 2020 abschlossen, war klar, dass wir einen beträchtlichen Teil davon in den Aufbau unserer Lignopure-Produktionsanlage investieren würden, um Vorreiter in der Herstellung von kosmetischen und nutrazeutischen Inhaltsstoffen auf Basis nichtlöslicher Lignine in Europa zu werden“, berichtet Wienke Reynolds im Firmenblog vom Bau der eigenen Produktionsanlage, sie ist Mitgründerin und CTO bei Lignopure.
Vorteile einer eigenen Produktionsanlage
Obwohl es eher unüblich ist, eine Kerntechnologie bereits in der Seed-Investitionsphase hochzuskalieren, bot sich dem Startup durch die eigene Produktionsstätte die beste Gelegenheit, nicht nur die Skalierbarkeit und Funktionalität von Lignopures Partikeltechnologie zu beweisen, sondern auch relevante Mengen an ligninbasierten Inhaltsstoffen wie LignoBase mit zuverlässiger Qualität und den erforderlichen Hygienemaßnahmen für seine zukünftige Kundschaft herzustellen.
„Die Inhaltsstoffe von Lignopure erfordern eine spezielle Kombination von Einzelschritten und die Anwendung unserer patentierten Partikeltechnologie. Es war schwierig, jemanden zu finden, der die von uns geforderten Prozesse und Kontrollen umsetzen konnte. So blieb uns nichts Anderes übrig, als den Sprung ins kalte Wasser zu wagen und eine eigene Produktionsanlage zu eröffnen. Hier konnten wir die notwendigen Strukturen und Betriebseinheiten in unsere eigenen Anlagen integrieren und so unser Qualitäts- und Produktionsverfahren für LignoBase entwickeln“, begründet Wienke Reynolds den Schritt des Startups.
Die Suche nach dem geeigneten Gebäude
Für Lignopure war es besonders wichtig, eine bestehende Halle zu nutzen, um dem Nachhaltigkeitsgedanken des Unternehmens gerecht zu werden: „Mehr als ein Drittel der Treibhausgasemissionen eines Gebäudes entstehen vor seiner Nutzung, während des Baus – es ist also besser, ein bestehendes Gebäude zu nutzen und seine Lebensdauer zu verlängern, als ein völlig neues Gebäude zu errichten“, erklärt die Technische Leiterin. Doch das war nicht einfach, denn das Unternehmen benötigte eine bestimmte Höhe für die Industrieanlagen und einen geeigneten Boden mit Abfluss für einen hygienischen Prozess. Mit dem Sirius Business Park im niedersächsischen Buxtehude, südlich von Hamburg, fand man eine geeignete Lösung.
Aufwändiger Umbau
Trockenbauwände wurden errichtet, um die hygienischen Nass- und Trockenproduktionsbereiche, den Abfüllbereich und das QC-Labor, die Lagerbereiche und die Schleusen voneinander zu trennen. Alles musste genau geplant werden, um die wichtigsten Anlagenteile vor dem endgültigen Verschließen der Wände optimal positionieren zu können. Wasser- und Elektroinstallationen, Rohrleitungen und Versorgungsanlagen kamen in einem zweiten Schritt hinzu, der hauptsächlich durch Lignopure’s technische Mitarbeiter koordiniert wurde. Ein erster Wasser-Testlauf erfolgte schließlich im Dezember 2021, gefolgt von den ersten Versuchen mit echtem Lignin im Januar und Februar 2022. Nach der abschließenden Reinigung und Versiegelung des Hygienebereichs war das Lignopure-Team schließlich bereit, den Testbetrieb aufzunehmen und erste LignoBase-Muster zu produzieren.
Erfolgreiches Abenteuer
„Die Entwicklung der Produktionsanlage war ein Abenteuer, aber dank der guten Arbeit des Lignopure-Teams sowie unserer Vertragspartner*innen sind wir heute in der Lage, ligninbasierte Alternativen für verschiedene Branchen herzustellen“ zeigt sich Wienke Reynolds zufrieden: „Von den ersten Tagen unserer Seed-Investition bis heute haben alle bei Lignopure hart daran gearbeitet, unsere natürlichen, biobasierten Lösungen auf den Weltmarkt zu bringen. Es ist daher sehr befriedigend, die ersten Erfolge unserer ersten Kosmetiklinie, LignoBase, zu sehen. An dieser Stelle möchten wir uns auch für die Unterstützung durch den Startup Port bedanken, der uns bei der Unternehmensentwicklung stets beratend zur Seite steht“, schließt Wienke Reynolds. Das Startup hat weitere Anwendungen und Produkte im Visier und freut sich darauf, die Prozesse weiter zu optimieren, um mit der eigenen Lignopure-Produktionsanlage hochwertige Lignin-basierte Lösungen für möglichst viele Branchen im Bereich Life Sciences anbieten zu können. Dabei werden sie vom Startup Port tatkräftig unterstützt.