Das Startup traceless materials von der Technischen Universität Hamburg (TUHH) gewann bereits in der vergangenen Woche mit einer Plastikalternative aus Getreideabfällen den Hamburger Gründerpreis in der Kategorie Existenzgründer, am gestrigen Abend setzten sich die Gründerinnen nun auch auf der nationalen Bühne durch und gewannen den Deutschen Gründerpreis in der Kategorie Startup.
Im vergangenen Jahr war traceless materials bereits das meist ausgezeichnetste Startup Deutschlands, dieses Jahr geht es ähnlich weiter, denn die Gründerinnen Dr. Anne Lamp und Johanna Baare wurden nun auch mit dem Deutschen Gründerpreis in der Kategorie Startup prämiert. Die Auszeichnung von ZDF, stern, den Sparkassen und Porsche wurde gestern zum 20. Mal im ZDF-Hauptstadtstudio verliehen.
Dr. Anne Lamp von traceless materials hat einen neuen Zellulose-Stoff aus natürlichen Abfallreststoffen erfunden, der in vielen Bereichen Plastik ersetzen kann. Dieses Granulat lässt sich praktisch wie Kunststoff-Granulat verarbeiten, befindet sich in verschiedenen Pilotprojekten im Anwendungstest (beispielsweise beim Versandhaus OTTO), und muss momentan als sogenanntes „bioabbaubares” Material noch einige behördliche Hürden nehmen. Das Startup sitzt an der Technischen Universität Hamburg (TUHH) und wird vom Startup Port @TUHH unterstützt.
Im Rahmen der Kategorie Startup des Deutschen Gründerpreises konnten sich die Gründerinnen gegen die Startups Additive Drives aus Dresden mit ihrem effizienten 3D-Druck-Verfahren für Elektromotoren durchsetzen sowie gegen Aleph Alpha aus Heidelberg, deren Modell für künstliche Intelligenz logische Zusammenhänge von Text, aber auch von Bildinhalten interpretieren können soll. Die Jury entschied sich für Traceless, weil sie ein Unternehmen unterstützen wollten, „das Verantwortung übernimmt, das einen positiven Impact auf die Welt hat.“ Dieser „Gründerpreis” verweist in diesem Fall nicht nur auf ein ausgezeichnetes Beispiel für weibliches Unternehmendentum, sondern zugleich auch auf die nicht-inklusive Benennung der Veranstaltung, die ausschließlich Männer adressiert.
In einem anschließenden Kurzinterview haben die Gründerinnen drei Fragen beantwortet:
Was bedeutet der Deutsche Gründerpreis für Euch?
Anne Lamp: Dass diese ehrenvolle Auszeichnung dieses Jahr an traceless ging, sehen wir nicht nur als Anerkennung für unsere Arbeit, sondern auch als Bestätigung für die hohe Dringlichkeit des Problems, an dem wir arbeiten. In einem Jahr mit vielfältigen Krisen wurde deutlicher denn je, dass die Transformation hin zu grünem, kreislauffähigem Wirtschaften und die Abkehr von fossilen Ressourcen eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist.
Johanna Baare: Immer mehr Menschen stellen die Art und Weise, wie wir leben, konsumieren und produzieren, in Frage. Sie möchten Verantwortung übernehmen für den Planeten, den wir künftigen Generationen hinterlassen. Unser Ziel bei traceless ist es, eine Lösung anzubieten: Ein Material, das nach dem Vorbild der Natur einen positiven Fußabdruck hat, anstatt ungewollte Spuren in Form von Verschmutzung und Abfall zu hinterlassen. Und wir sind unglaublich froh, dass die Jury unseren innovativen Ansatz anerkannt hat!
Nach einer Auszeichnung wie dieser – was ist das nächste Ziel auf eurer Agenda?
Anne Lamp: Natürlich ist eine solche Anerkennung wichtig und zeigt uns, dass unsere Arbeit gesehen und anerkannt wird. Aber als Impact-Unternehmen sind wir noch lange nicht am Ende unserer Mission – unser Ziel ist es, das volle Wirkungspotenzial unserer Technologie auszuschöpfen und unseren Beitrag zur Lösung der globalen Plastikverschmutzung und Klimakrise zu leisten! Und dafür ist – wie bei allen komplexen ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen – Zusammenarbeit entscheiden. Die Veränderung, die wir dringend brauchen, wird kein Unternehmen alleine schaffen.
Was braucht ihr, um dieses Ziel zu erreichen?
Johanna Baare: Wie Anne bereits betont hat, sind wir auf ein breites Netzwerk angewiesen, um unser Wirkungspotenzial auszuschöpfen. Dazu gehört nicht nur unser traceless Team, sondern auch die vielen Geschäftspartnerinnen und -partner, Investorinnen und Investoren sowie Unterstützerinnen und Unterstützer, die sich unserer Pionierreise angeschlossen haben. Und natürlich auch die Gesellschaft und die Verbraucherinnen und Verbraucher, wo bereits ein großes Bewusstsein für die Plastikverschmutzung besteht. Der Bedarf an Innovationen und umweltfreundlichen Lösungen ist größer denn je, und es ist großartig, dass neue Ideen wie unsere vielfach mit offenen Armen statt mit Skepsis aufgenommen werden. Um echte Veränderungen in großem Maßstab zu erreichen, müssen Viele von uns Teil der Lösung sein!
Der Präsident der TUHH, Prof. Andreas Timm-Giel, gratulierte den Frauen im Namen der Universität und sah sich bestätigt: „Wir freuen uns mit den erfolgreichen Gründerinnen, vor allem mit unserer Absolventin Dr. Anne Lamp. Wir sehen uns mit dem Startup traceless darin bestärkt, Gründungsaktivitäten an der TUHH einen besonderen Stellenwert einzuräumen.”
Lufthansa und Otto prüfen das in der Pilotanlage in Buchholz in der Nordheide (bei Hamburg) hergestellte Granulat bereits auf Herz und Nieren. Daraus werden dann beispielsweise Catering-Verpackungen für Lufthansa gemacht. Noch dieses Jahr sollen die Schutzhüllen auf einzelnen Lufthansa-Flügen unter realen Bedingungen getestet werden. 40 weitere Konsumgüterherstellerinnen und -hersteller sowie etwa ein Dutzend Partnerinnen und Partner aus der Kunststoff-Industrie haben schon ihr Interesse an der neuen Verpackung bekundet.
Informationen zum Deutschen Gründerpreis
Ausgelobt wird der Deutsche Gründerpreis von den Partnern stern, Sparkassen, ZDF und Porsche. Er wird durch ein hochkarätiges Kuratorium unterstützt, das Patenschaften für die Finalisten und Preisträger übernimmt. Förderer des Deutschen Gründerpreises sind die Bertelsmann SE & Co. KGaA, die Gruner + Jahr GmbH, die Süddeutsche Zeitung und die Versicherungen der Sparkassen. Kooperationspartner ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
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