Die Studie „Startups und soziale Herkunft“ verdeutlicht, dass die Startbedingungen für Gründer*innen maßgeblich von ihrer sozialen Herkunft beeinflusst werden. Unternehmerisch tätige Eltern fungieren als Vorbilder und Türöffner*innen, während Kinder aus Arbeiter*innen-Familien selten vergleichbare Netzwerke und Ressourcen nutzen können. Dennoch weisen die Daten darauf hin, dass die Leidenschaft und der Innovationsgeist der Gründer*innen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft vergleichbar hoch sind.
Die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung und des Startup-Verbands, für die 1.800 Startup-Unternehmer*innen befragt wurden, machen deutlich, wie stark der familiäre Hintergrund Startup-Gründer*innen prägt. Vor allem der Bildungsgrad und die berufliche Laufbahn der Eltern spielen eine entscheidende Rolle: Sie dienen als Vorbilder, ermutigen ihre Kinder zur Gründung eigener Unternehmen und bieten Zugang zu wertvollen Netzwerken.
Der Einfluss von Herkunft und Bildung
Startup-Gründer*innen sind häufiger Kinder aus einem Haushalt von Akademiker*innen: Sechs von zehn haben mindestens einen Elternteil mit akademischem Abschluss. Insgesamt ist der akademische Anteil bei Eltern von Gründer*innen gegenüber der vergleichbaren Altersgruppe der Gesamtbevölkerung deutlich höher: 53 Prozent der Väter und 38 Prozent der Mütter von Gründer*innen haben einen akademischen Abschluss, wohingegen der Anteil der Akademiker*innen in der Bevölkerung zwischen 55 und 74 Jahren lediglich bei 21 Prozent (Männer) und 15 Prozent (Frauen) liegt. Unter den Gründer*innen selbst liegt der Anteil an Akademiker*innen sogar bei 85 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich mit Blick auf den Beruf der Eltern: Bei 38 Prozent der Gründer*innen war mindestens ein Elternteil selbstständig tätig – 24 Prozent haben sogar Unternehmen mit Angestellten geführt. „Ein familiärer unternehmerischer Hintergrund ist ein wichtiger Treiber für Startup-Unternehmer*innen. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass die Hürden für Innovator*innen ohne diesen Zugang ungleich höher sind. Das muss sich ändern“, sagt Julia Scheerer, Wirtschaftsexpertin der Bertelsmann Stiftung.
Wichtige Vorbilder: Unternehmerisch tätige Eltern fördern Startup-Gründungen durch Netzwerke und Inspiration
Unternehmerisch tätige Eltern fungieren mit ihren Netzwerken häufig als Vorbilder und Türöffner*innen. Zwei Drittel der Gründer*innen aus Familien von Unternehmenden geben an, dass sie dank ihres familiären Umfeldes Kontakt zu anderen Unternehmer*innen erhalten haben. So erleben diese schon früh Vorbilder in ihrem Umfeld, während Gründer*innen mit anderem Hintergrund (Beamte oder Arbeiter*innen) diese Karriereoption seltener kennenlernen – hier hatten nur 14 Prozent der Befragten über das familiäre Umfeld Kontakt zu Unternehmer*innen. Zudem bestärken akademische Eltern und Eltern, die Unternehmer*innen sind, ihre Kinder wesentlich häufiger mit Blick auf ihre Gründung. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig Vorbilder, Netzwerke und persönliche Unterstützung für Startup-Gründer*innen sind. Ganz zentral sind unternehmerische role models – bisher inspirieren häufig die Eltern junge Menschen für eine unternehmerische Laufbahn. Das ist wichtig, aber um unser Potenzial auszuschöpfen, sollten wir Vorbilder in Schulen und Gesellschaft sichtbarer machen. Dann begeistern wir mehr junge Menschen fürs Gründen und schaffen erste Kontaktpunkte“, sagt Franziska Teubert, Geschäftsführerin beim Startup-Verband.
Potenziale heben – die Startup-Gründung als Chance
Ein weiterer relevanter Aspekt sind die wirtschaftlichen Ressourcen: 70 Prozent der befragten Gründer*innen, deren Eltern selbst Unternehmer*innen sind, geben an, dass sie sich in schwierigen Situationen auf finanzielle Unterstützung ihrer Eltern verlassen können. Das Gleiche gilt immerhin für 57 Prozent der Gründer*innen mit Beamteneltern. Bei Kindern aus Familien von Arbeitenden beträgt der Wert nur noch 14 Prozent. Zudem haben Gründer*innen mit Eltern, die Unternehmer*innen sind (63 Prozent), häufiger als ihre Pendants aus Arbeiter*innen-Familien (46 Prozent) externes Kapital eingesammelt – und beschäftigen im Mittel etwa doppelt so viele Mitarbeitende. Doch so unterschiedlich die Startpositionen sind, zeigt sich bei den Befragten auch eine klare Parallele: Unabhängig von der sozialen Herkunft wollen neun von zehn Gründer*innen nach der aktuellen Gründung wieder ein Startup aufbauen. Auch beim Thema Mindset und der Bereitschaft, groß zu denken, zeigen sich zwischen den Gruppen kaum Unterschiede. „Erfolgreiche Startups sind also ein Hebel, um mehr Chancengerechtigkeit in der Wirtschaft zu schaffen“, sagt Scheerer.
Über die Studie:
Für die Studie „Startups und soziale Herkunft – Was Gründer*innen prägt und antreibt“ der Bertelsmann Stiftung und des Startup-Verbands wurden 1.800 Gründer*innen befragt. Der seit 2012 jährlich durchgeführte Start-up Monitor (DSM) wurde hierzu in der Befragungswelle 2023 um Fragen zur sozialen Herkunft ergänzt.
Hier geht es zur Studie.