neurodactics

Geschäftsidee: Inklusive Lern-App

Branche: IT/Software

Gründungsjahr: 2021

Mambio.de

Das interdisziplinäre Team entwickelt digitale Lernmaterialien, die für alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen geeignet und wissenschaftlich fundiert sind

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neurodactics: Inklusive Lern-App Mambio hilft beim Rechnen lernen

Dr. Torben Rieckmann, Jonas Vierth und Christopher Hof wollen digitale Lernmaterialien entwickeln, die für alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen geeignet und wissenschaftlich fundiert sind. Das interdisziplinäre Team entwickelt die Idee seit März 2021 mit der Begleitung des Gründungsservice der Universität Hamburg sowie „beyourpilot” (Anm.d.Red.: „beyourpilot” agiert seit Juli 2023 unter der Marke „Startup Port”). Im November 2021 wurde mit der Gründung der neurodactics GmbH ein wichtiger Meilenstein erreicht. Außerdem erhielt das Team den Zuschlag für die Gamecity Hamburg Prototypenförderung. In der Startup Story berichten die Gründer von ihrer Entstehungsgeschichte und ihren Zielen.

v.l.n.r: Jonas Vierth, Dr. Torben Rieckmann, Christopher Hof

Digitale Lernanwendungen werden immer wichtiger. Das verdeutlicht auch die anhaltende Pandemie. Bildungseinrichtungen stehen nicht nur vor der Herausforderung von Corona: Lernmaterialien sind häufig nicht aktuell, inklusiv oder sie schöpfen die Möglichkeiten der Digitalisierung nicht aus. Hier setzt das Team von neurodactics an und entwickelt die inklusive Mathe-App Mambio, die ein maßgeschneidertes Lernen im und zusätzlich zum Unterricht ermöglicht. Das Projekt von Torben Rieckmann, Christopher Hof und Jonas Vierth geht aus der Forschung zu inklusiven digitalen Lernanwendungen an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg hervor.

Die Idee: Eine Lern-App für alle

Torben Rieckmann hat eine App erdacht, die digitale Unterstützung beim Kopfrechnen sowie Mengenverständnis für Kinder leisten soll. Dabei soll jedes Kind individuell angesprochen werden. Torben hat Sonderpädagogik studiert und lebt seit 2008 in Hamburg. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Erziehungswissenschaft forschte er zur Lernunterstützung für Kinder mit Trisomie 21. Dabei wurde herausgefunden, dass Menschen mit Trisomie 21 weniger Dinge gleichzeitig verarbeiten können als Leute mit Durchschnittsgehirnen. „Das hat Einfluss auf die Verarbeitung der Umwelt und das Lernen. Gerade im Mathematikbereich muss hierauf Rücksicht genommen werden“, berichtet der Wissenschaftler. Er hat deswegen während seiner Promotion mit dem System „mathildr“ ein Lernsystem entwickelt, welches Schülerinnen und Schülern mit einer besonderen Darstellung von Mengen den Zahlenraum von 0 bis 20 näherbringt. Dieses hat bereits mehrere Auszeichnungen erhalten. Die dazugehörigen Lernmaterialien werden inzwischen weltweit an Schulen eingesetzt. Dabei wurde der Wunsch nach einer App laut, die es Kindern ermöglicht, selbständig mit dem System zu arbeiten, ohne dass dabei geschultes Personal zur Anleitung nötig ist.

„Unsere App Mambio soll Kindern ein Mengenverständnis vermitteln und sie im Kopfrechnen fördern. Sie ist inklusiv konzipiert, richtet sich also an alle Kinder. Dabei ist es egal, ob sie eine Rechenschwäche oder Behinderung haben, durchschnittlich lernen oder hochbegabt sind“, berichtet Torben. Das Programm wird zunächst für Schülerinnen und Schüler der ersten Klasse konzipiert: „Im Gegensatz zu Arbeitsheften und anderen nicht digitalen Lernmaterialien können wir Anwendungen derart programmieren, dass nahezu keine Vorbereitung und Anleitung im Unterricht nötig sind. Die App wird mit der Zielgruppe zusammen entwickelt und kann in der Schule oder zuhause eingesetzt werden. Wir geben Lehrkräften die Möglichkeit, ihre Schülerinnen und Schüler im Mathematikunterricht individuell zu fördern. Damit möchten wir einen Beitrag zur Chancengleichheit im Bildungsbereich leisten. Es gab zwar in den vergangenen Jahren einige Gründungen zu Innovationen, welche die gesellschaftliche Inklusion fördern – im schulischen Bereich sehe ich jedoch deutlichen Nachholbedarf. Insbesondere im Grundschulbereich. Wir brauchen deutlich mehr Startups, die Lehrkräfte und andere Pädagoginnen und Pädagogen dabei unterstützen, Bildungsgerechtigkeit herzustellen.“

Die Gründungsunterstützung

Torben hat sich schon länger für das Thema Gründung im Zusammenhang mit seiner Forschung interessiert: „Mir war es immer wichtig, dass das, was ich mache, in die Anwendung kommt!“ Deswegen hat er die Beraterinnen und Berater von „beyourpilot” (Anm.d.Red.: „beyourpilot” agiert seit Juli 2023 unter der Marke „Startup Port”) sowie dem Gründungsservice der Universität Hamburg bereits im Vorfeld hinsichtlich der Möglichkeiten konsultiert. Zudem ließ er sich bereits im Zusammenhang mit „mathildr“ auf wichtige Pitches vorbereiten.

Gemeinsam mit der Gründungsberaterin Dr. Bettina Otto hat Torben dann hinsichtlich Mambio identifiziert, welche Förderprogramme in Frage kommen. Mit ihrer Hilfe bewarb man sich erfolgreich auf das zwölfmonatige EXIST-Gründerstipendium vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, welches dann ab März 2021 begann. Zusätzliche fachliche Unterstützung bekommt neurodactics durch Prof. Dr. André Zimpel von der Universität Hamburg, der als Mentor zur Verfügung steht. Neben seiner Lehrtätigkeit in der Erziehungswissenschaft ist er Leiter des Zentrums für Neurodiversitätsforschung. Im November 2021 erhielt Torben mit seinem Team die Zusage für rund 40.000 Euro im Rahmen der Gamecity Hamburg Prototypenförderung.

„Ich wollte nach „mathildr“ eine App entwickeln, die alle Schülerinnen und Schüler anspricht. Da das ein größeres Projekt ist, benötigte ich Unterstützung. Bettina hat mit mir erarbeitet, ab wann solch eine App wirtschaftlich wäre. Welche Inhalte müssen wir bieten? Wer ist unsere Zielgruppe? Und wie sollte mein Team aufgestellt sein? Diesen Fragen gingen wir nach. „mathildr“ wurde ehrenamtlich entwickelt, jetzt brauchte ich betriebswirtschaftliche Hilfe und einen Informatiker. Ich habe dann einen bundesweiten Aufruf gestartet, der großes Feedback erfuhr und in unzähligen Telefonaten und Videocalls resultierte. Wie das Leben so spielt: Die beiden Personen, die mich am meisten überzeugt haben, fand ich schließlich in meinem privaten Umfeld in Hamburg“, erzählt Torben amüsiert.

Die nötige Expertise

Der Kontakt zu seinem Betriebswirt entstand über den Chor, in dem er in seiner Freizeit singt. Torben verfolgt die Strategie, seine Idee offensiv zu kommunizieren, in der Hoffnung, hier und da nützliche Kontakte zu knüpfen: „Ich habe es jedem erzählt, dass ich Leute suche – das kann ich sehr empfehlen!“ So kam Jonas Vierth dazu, er ist der Sohn eines Chormitgliedes. Der Hamburger hat Wirtschaft studiert und anschließend einen Master in Finance an der Fachhochschule Wedel gemacht: „Das passte einfach!“, so Torben.

Den Informatiker Christopher Hof fand Torben gleich nebenan: „Wir sind Nachbarn! Chris hat mir erzählt, dass er mobile Apps entwickelt. Ich habe ihm von meiner Idee berichtet und er war sofort interessiert“, schildert der Gründer. Christopher hat an der Hochschule Kaiserslautern Medieninformatik studiert und hat den Bachelor of Science. Er kam ursprünglich nach Hamburg, um in einem Startup, welches Software zur internen Kommunikation und Kollaboration für Unternehmen entwickelt, zu arbeiten: „Ich wollte auch immer selber mal gründen, war jedoch hinsichtlich der Inhalte unsicher und wollte auf die richtige Idee warten. Und Torben hatte einfach die richtige Idee. Für mich bedeutet dies auch ein persönliches Risiko, denn ich musste meinen bestehenden Job aufgeben. Dieses Risiko gehe ich jedoch gerne ein, da ich von unserer Idee sowie unserem Team überzeugt bin“, gibt sich Christopher zuversichtlich.

Die Ziele

„Glücklicherweise haben wir drei uns auf Anhieb gut verstanden und sind in den letzten Monaten als Team zusammengewachsen. Jeder bringt seine Expertise ein, schaut aber auch über den Tellerrand, um von den anderen zu lernen. Anfangs war es meine Idee, wie das Projekt aufgezogen werden sollte. Mit dem fachlichen Zutun der beiden wurde es dann wirklich unser Projekt. Alle haben gleiche Anteile und gleiches Mitspracherecht“, berichtet Torben. „Um weitere Leute einzustellen brauchen wir mehr Geld. Zurzeit gestaltet der UI-Artist Thomas Hollnack unsere App gegen Honorar“, ergänzt Jonas: „Momentan sind wir auch so gut aufgestellt, um überleben zu können: Mittelfristig werden wir allerdings einen größeren Investor benötigen, um die sich anbahnenden Herausforderungen meistern zu können.“

Torben zeigt sich hinsichtlich der Zukunft optimistisch: „Da wir Mambio in enger Zusammenarbeit mit der Zielgruppe entwickeln, erhalten wir stetig Feedback von Kindern. Die Rückmeldungen können sich sehen lassen: Obowhl die App noch nicht fertig ist, geht von ihr eine große Motivation aus und sie und führt zu Lernerfolgen. Deshalb blicken wir sehr zuversichtlich auf unseren App-Release.“

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